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(Vesa Winberg)

Das Studio ist das Fegefeuer eines jeden Musikers. Dieser Ort steht für Glücksgefühle und für Hoffnungslosigkeit zugleich. Ein Balanceakt mit den Gefühlen. Lang herangereifte Tonfolgen werden verewigt, erneuert und aufgebrochen – alles immer abwechselnd, in angemessenem Maße.

Dies war die dritte Studiosession der Dark Ride Brothers. Gleichzeitig war es wohl musikalisch gesehen und von der Stimmung her die strukturierteste. Bei unserem allerersten Studiobesuch sind wir komplett ins kalte Wasser gesprungen, weil wir bis dahin noch nicht mal einen Drummer hatten und das Schlagzeug vor Ort in unsere Musik integrieren mussten.

Bei der zweiten Studiovisite waren die Songs zumindest schon ganz gut vorbereitet. Im Nachhinein betrachtet waren sie wohl sogar schon zu fertig. Mit dem Ergebnis sind wir nach wie vor zu 100% zufrieden. Und genau deshalb waren unsere Erwartungen an die dritte Session irgendwie in sich widersprüchlich. Es musste sowohl fertiges als auch “lose in der Luft hängendes” Material da sein. Und genau so gingen wir dieses Mal auch an das Studio heran.

Eines war von vorn herein klar: bei der Wahl des Produzenten entschieden wir uns erneut für Teemu “Mutt” Aalto. Unsere ersten Songs sind in Teemus altem Studio in der Absackhalle einer alten Insulitfabrik enstanden. Dieses Mal ging es für uns in eine noch viel kargere Umgebung: Das neue Studio befindet sich nämlich im traditionsreichen Industriepark von Karhula. Während wir früher zwischen dicken Backsteinwänden musizierten, würden wir dieses Mal die herrliche Aussicht im vierten Stock genießen.

Mit vier Songs im Gepäck machten wir uns auf den Weg nach Karhula. Ein paar Vorabversionen hatten wir schon per E-Mail besprochen, aber genauere Pläne zur Vertonung hatten wir noch nicht. Deshalb lagen bei unserer Ankunft noch gewisse Fragezeichen in der finnischen Luft.

Die ersten im Studio waren Joni und Teemu. Am Freitagabend ging es los mit dem Aufbauen des Schlagzeugs und der Suche nach dem Sound, der dieses Mal “fülliger” war als zuvor.

Die Aufnahme selbst beginnt mit dem Schlagzeug. Dem Drummer wird ein Klick ins Ohr gespielt, gleichzeitig hört er Gitarre und Gesang des jeweiligen Songs. Lediglich die Drums werden aufgezeichnet. Dieses Mal wurden zuerst der rockige “Our Song” sowie “Stetson Power” aufgenommen, der sich am Sound von Shania Twain orientiert. Danach war es bereits so spät, dass wir nur noch ins Bett fielen.

Den Samstag begannen wir mit dem etwas langsameren Song “Swallowed By Clouds”, der noch aus dem Fundus der Band “Mosesgun” stammt. Der Song sollte nun jedoch eine komplett neue Gestalt bekommen, und das ist natürlich angenehm, wenn im Hintergrund die Studiouhr tickt… Teemu hat die Struktur aufgebrochen und die einzelnen Teile neu zusammengesetzt. Weiterhin hat er die Drums aus dem Beginn des Songs entfernt und somit eine gewisse Dynamik geschaffen.

Das größte Fragezeichen war – sowohl für die Band als auch für den Producer – der Song “Burden”. Daher arbeiteten wir uns fast schon Takt für Takt vor und veredelten das Ganze mit einer Portion John Bonham.

Von den Saiteninstrumenten durfte Henkka als erster ans Werk. Es macht direkt Freude, Henkkas Spielstil zu beobachten: dahinschmelzend und ausgerüstet mit einem guten Groove. Die Basslines wurden mit geringen Änderungen aufgenommen, die Teemu an ihnen vornahm.

Die erste Gitarre war bereits die Demogitarre, auf die Joni die Drums spielte. Die eigentlichen Gitarren kamen jedoch jetzt durch Vesa und Sven, und anders als die übrigen Instrumente wurden die akustischen Gitaren gleichzeitig aufgenommen. Zum Abschluss des Sonntagabends stand noch die Heimfahrt nach Imatra auf dem Programm. In der Woche darauf hörten wir uns viele Male die Versionen der Songs an, die Teemu uns ziemlich bald nach der Session hatte zukommen lassen. Dabei kamen sofort auch einige Änderungswünsche auf.

Ins zweite Wochenende starteten wir mit der Aufnahme von Ristos Gitarren. Dieses Mal peilten wir den von unseren Live-Gigs bekannten rabiaten Sound an. Risto spielte auf seiner Squier Stratocaster, als Verstärker diente Teemus Marshall Combo. Bis auf zwei später hinzugekommene Solos waren am Ende des Tages alle im Kasten.

Mit den Aufnahmen der Geige verbrachten Jussi und Teemu einen ganzen Tag zu zweit. Jussi ist im Studio seit je her wie ein Fisch im Wasser. Auch dieses Mal entstand Stück für Stück ein großes Ganzes. In “Stetson Power” ist es ihm gelungen, eine geradezu epische Soundlandschaft zu malen. Besonders hervorzuheben ist “Our Song”, bei dem Jussi und Teemu stellenweise bis zu neun Tonspuren übereinander gefiedelt haben.

Die Vocals haben wir dieses Mal in drei Etappen aufgenommen. Schon beim letzten Mal hatten wir Keith “Keke” Laverty als Aussprachecoach dabei, und er unterstützte uns auch dieses Mal wieder. Keke hat dafür gesorgt, dass Teemu sich auf das Aufnehmen konzentrieren konnte. Umgekehrt konnte sich Keke den Lauten, der Aussprache und dem Akzent widmen. “Swallowed by Clouds” ist ein sehr melancholischer Song, und das hat man bei den Aufnahmen der Vocals gespürt. Die Stimmung im Studio ging direkt unter die Haut, auf beiden Seiten der dicken Glasscheibe.

Die Harmonien wurden getrennt aufgenommen, am Mikrofon waren Risto und Sven. Dieses Mal hören wir außerdem eine Gastsängerin, die alle Songs mit ihrem honigsüßen Sound zu einem wahren Ohrenschmaus macht, aber dazu später mehr. Soviel sei an dieser Stelle verraten: Der Sound ist absolut verblüffend!

Die Songs dieser Session sind während des Jahres 2017 entstanden, und es ist ziemlich witzig, nun die ersten Demos abzuspielen, die noch im Handy stecken. Die Vision ist geblieben, aber Teemu hat uns unseren eigenen Sound verliehen. Die Stimmung im Studio war unbeschreiblich, und die Tage waren lang und arbeitsintensiv.

Toll, dass Ihr weiterhin bei unserer Reise dabei seid!

 

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